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Titelgeschichte im Mitgliedermagazin naturnah des NABU Sachsen im März 2021

Bergschafe verbeißen Weißdorn im Naturschutzgebiet „Am Rümpfwald“ – Foto: Juliane Dölitzsch
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Bergschafe verbeißen Weißdorn im Naturschutzgebiet „Am Rümpfwald“ – Foto: Juliane Dölitzsch

An einem Dienstagmorgen 9.30 Uhr im Oktober im Naturschutzgebiet „Am Rümpfwald“: Das Gras ist nass vom lange ersehnten Regen der vergangenen Tage, die Sonne lacht, den Himmel trübt keine Wolke – und die Schafe blöken. Etwa 1.000 von ihnen werden von Sepp Schwaiger und seinem Hütehund Leo über die Wiesen getrieben. Die Aufgabe der Schafe ist, die Verbuschung des Offenlandes zu verhindern, indem sie sich über die geschützte Fläche knabbern und fressen. Als tierische Weidehelfer leisten sie dabei einen wichtigen Beitrag, das Gebiet als Offenland zu erhalten. Gräser, Beeren, Äpfel, Gras, Eicheln, kleine Büsche: Der Speiseplan ist abwechslungsreich. Der Schäfer trifft sich mit Salome Winkler vom NABU Erzgebirgsvorland, dessen Unterpächter er ist und mit dem er gemeinsam das Wohl des Naturschutzgebiets im Auge behält. Regelmäßig kommt die Geschäftsführerin des NABU-Regionalverbands hier vorbei, um den aktuellen Stand auf dem Areal zu begutachten.

Salome Winkler und Sepp Schwaiger mit Hütehund Leo – Foto: Juliane Dölitzsch
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Salome Winkler und Sepp Schwaiger mit Hütehund Leo – Foto: Juliane Dölitzsch

Ab 1990 kämpfte der NABU um die Unterschutzstellung des Gebiets, das vorher ein Truppenübungsplatz war und das 1999 nach langjährigen Untersuchungen und durch Unterstützung zahlreicher Verbände vom damaligen Regierungspräsidium Chemnitz schließlich als Naturschutzgebiet „Am Rümpfwald“ ausgewiesen wurde. Seitdem ist der NABU Erzgebirgsvorland Pächter des 88 Hektar großen Offenlandlebensraums mit seinen wertvollen Biotoptypen, darunter Halbtrockenrasen, Zwergstrauchheidebestände, Teiche, Hecken und eine totholzreiche Obstbaumallee. Ebenso lange beweiden die Bergschafe von Sepp Schwaiger das Gebiet. Der Pachtvertrag wurde inzwischen bis ins Jahr 2035 verlängert – ein Zeitraum, der die Naturschützerinnen und Naturschützer vor Ort zuversichtlich stimmt. Sie entfernen regelmäßig die höher gewachsenen Bäume im Gebiet und renaturieren die in den 90er Jahren angelegten Gewässer. Seit kurzem dürfen die Schafe sogar wieder ganzjährig auf die Flächen; zuvor war dies in den Sommermonaten nicht erlaubt, um Bodenbrüter zu schützen, die sich ohnehin nicht mehr ansiedeln. Vogelarten wie Wendehals und Neuntöter profitieren dagegen sehr von der extensiven Beweidung.

20 bis 35 Ehrenamtliche

Das Gebiet am Rümpfwald ist zwar die größte der Pacht- und Eigentumsflächen, die der Regionalverband betreut, aber trotzdem nur ein kleiner Teil seines Schaffens. Rund 600 Mitglieder umfasst die Gruppe, darunter zwischen 20 bis 35, die regelmäßig Vorträge besuchen und aktiv bei Naturschutzeinsätzen unterstützen sowie zwei hauptamtliche Mitarbeiter. Viele Ältere kommen stetig, auch Familien mit Kindern, nur 20- bis 40-Jährige sind rar. Für das reich besiedelte Sachsen könnten es mehr Mitglieder sein, findet Salome Winkler, dennoch zählt der Verein so viele wie noch nie. Eine Nachfolge für die beiden Geschäftsführer ist noch nicht in Sicht, doch in den kommenden zehn Jahren müsste es dazu kommen. Salome Winkler ist überzeugt: „Zum richtigen Zeitpunkt wird das schon werden.“ Für die nächsten Jahre wünscht sie sich, Biotopverbünde zu stärken und zu erweitern, mehr Vernunft in Naturschutzfragen, ein besseres Miteinander mit den Landwirten und weniger Gegeneinander. „Wichtig ist, dass wir zum Schutz der Natur alles in unserer Macht Stehende tun, unser Können und unsere Fertigkeiten einsetzen, um unsere Arbeit fortzuführen.“ Gefördert wird der NABU dabei häufig von der Sächsischen Landesstiftung für Natur und Umwelt.

Ihr Bestes gibt die Gruppe ebenso für den Erhalt und Schutz einzelner Arten: Engagement für die Kreuzkröte

Aufblühendes Limbacher Teichgebiet

Eldorado für Brutvögel: Großer Mühlteich im Limbacher Teichgebiet – Foto: Juliane Dölitzsch
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Eldorado für Brutvögel: Großer Mühlteich im Limbacher Teichgebiet – Foto: Juliane Dölitzsch

Die zweitgrößte Fläche, die der NABU Erzgebirgsvorland betreut, sind Teile des Fauna-Flora-Habitat-Gebiets „Limbacher Teichgebiet“ bei Meinsdorf. Dieses hat sich seit 1990 zu einer Oase wertvoller Biotope entwickelt – dank des riesigen Arbeitsaufwands des NABU Erzgebirgsvorland: Insgesamt haben die Mitglieder seit den 90er Jahren im Areal 40 Kleingewässer angelegt. Für einen Teil von ihnen mussten hunderte Tonnen Ton eingefahren und auch per Hand bewegt werden. All diese Gewässer bewirkten seit 1994 einen enormen Zuwachs an Arten, die zum Teil in beachtlicher Anzahl vorkommen. So stellten sich Laub-, Gras- und Springfrosch wieder ein, alle Arten von Molchen, außerdem Erd-, Wechsel- und Knoblauchkröte. Über 20 Libellenarten konnten zeitweilig beobachtet werden, unter ihnen die Blutrote Heidelibelle und die Gemeine Binsenjungfer. An und in den Gewässern gedeihen Gemeiner Froschlöffel und Ästiger Igelkolben. So wichtig wie die Tümpel selbst sind die Strukturen in deren Umfeld: Hecken und große Wiesen, auf denen extensive Bewirtschaftung möglich ist, nicht gedüngt wird, die Mahd spät beginnt und höchstens zweimal im Jahr erfolgt. Ab und zu bleiben Brachstreifen stehen. Breite Gebüschstreifen aus Heckenrosen, Schlehen, Weißdorn, Himbeeren, Hagebutten und Pfaffenhütchen, in denen Dorngrasmücke, Neuntöter und Goldammer nisten, säumen die Wiesen. „Das gesamte Gebiet ist zusammengewachsen zu einem Verbundsystem abwechslungsreicher Biotopstrukturen mit Teichen, Tümpeln, totholzreichen Eichenmischwäldern, Uferzonen, Bruchwäldern, Fließgewässern sowie verschiedenen Grünlandtypen“, freut sich Salome Winkler. Dabei hat nicht nur das Landschaftsbild gewonnen, auch neue Lebensräume für zahlreiche Pflanzen und Tierarten, insbesondere ein großräumiges Nahrungshabitat für den Weißstorch, sind entstanden.

30 Hektar für Insekten, Enten und Co.

Hecke und Blühfeld auf den Meinsdorfer Wiesen – Foto: Juliane Dölitzsch
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Hecke und Blühfeld auf den Meinsdorfer Wiesen – Foto: Juliane Dölitzsch

Heute beschäftigt sich der NABU Erzgebirgsvorland hauptsächlich mit der Pflege des Gebiets: mit der Wiesenmahd, der Offen- und der Instandhaltung der Hecken. Rund 30 Hektar werden noch vom Regionalverband bewirtschaftet. Etwa vier Arbeitseinsätze finden im Jahr mit freiwilligen Helferinnen und Helfern statt. Vor vier Jahren wurde ein stattlicher Blühstreifen mit Johanniskraut, Sonnenblumen, Mohn und vielem mehr angelegt. Die fünf Hektar sollen Schmetterlingen und weiteren Insekten, Kleintieren wie Mäusen und Amphibien Lebensraum bieten. In den Teichen, die weitgehend sich selbst überlassen werden und alle paar Jahre abgefischt werden, tummeln sich unter anderem Reiher, Enten, Teichhühner, Schwäne und Fischotter. Dazu wird mal hier an den Mühlteichen Schilf angepflanzt, dort an den Himmelsteichen ein Mönch eingebaut, um das Ablaufen des Wassers zu regulieren: „Es gibt immer zu tun“, bestätigt Salome Winkler. Dabei erfüllt sie mit Stolz, was sie und ihre Mitstreiter in den vergangenen 30 Jahren geleistet haben – mit Blick auf die blühenden, artenreichen Flächen zu Recht.

Download: naturnah 1/2021 Titelgeschichte (PDF) | 1.00 MB


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